Die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine

Russland hat den Krieg auf die Ukraine eröffnet. Es gibt schwere Gefechte und Explosionen im ganzen Land, vor allem in den Metropolen. Neben der humanitären Katastrophe, die Menschen weltweit betroffen macht, hat der Angriffskrieg auch Folgen für die Wirtschaft und deren Versicherungsschutz.

Die Welt blickt entsetzt auf die Ukraine. Russland hat in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar den Militärangriff angeordnet und ist mit militärischer Gewalt in sein Nachbarland einmarschiert. Das hat neben humanem Leid, Flucht und Vertreibung auch Konsequenzen für die Wirtschaft. Es ist mit Auswirkungen auf die internationalen Börsen und die Rohstoffpreise zu rechnen, wobei die mittel- und langfristigen Folgen noch nicht abzusehen sind. Außerdem werden sich Wirtschaftssanktionen bemerkbar machen, die gegen Russland verhängt wurden und werden. Auch Sanktionen gegen Weißrussland werden wahrscheinlich.

Funk prüft aktuell die Auswirkungen auf die Deckung einzelner Sparten und wird dazu noch informieren. In diesem Artikel beschäftigen wir uns schwerpunktmäßig mit den Auswirkungen der Sanktionen und geben Tipps für erste Maßnahmen.

Die Sanktionen wurden von der Europäischen Union und den USA erlassen und stellen einen ersten Schritt in einer hoch dynamischen Lage dar. Weitere Verschärfungen sind möglich. Die zu befürchtende Sanktions-Spirale ist beispiellos und trifft die globale Wirtschaft hart. Als Gegenreaktion Russlands auf die Sanktionen sind wahrscheinlich Ausfuhrblockaden diverser Rohstoffe zu erwarten, der Entzug von Überflugrechten für Flugzeuge sowie Importverbote auf verschiedene Waren.

Ukraine: direkte Auswirkungen

Der geltende Kriegszustand in der Ukraine, ein Anhalten der Kampfhandlungen oder gar eine Ausweitung haben direkte Auswirkungen auf das Risiko von Betriebsunterbrechungen. Es ist mit Betriebsschließungen zu rechnen, außerdem können Verkehrsknotenpunkte wie der Seehafen im Schwarzen Meer blockiert werden. Wenn Lieferketten unterbrochen sind, kann das auch bei österreichischen Unternehmen zu Betriebsunterbrechungsrisiken führen. Das gilt umso mehr für Unternehmen, die Standorte in der Ukraine haben und dort direkt Mitarbeitende beschäftigen.

Aufgrund der sehr dynamischen Situation können aktuell noch keine endgültigen Aussagen zum Versicherungsschutz getätigt werden. In den Verträgen können standardisiert-vereinbarte Kriegsklauseln greifen, zum Beispiel in der Sach-, Transport- sowie TV-Versicherung. In diesem Fall wären Schäden trotz bestehendem Versicherungsschutz nicht gedeckt.  

 

Russland: indirekte Folgen durch Sanktionen

Auch hier ist die Lage derzeit unübersichtlich. Versicherer arbeiten aktuell an eigenen Stellungnahmen. In den Verträgen können Sanktionsklauseln greifen, dann besteht kein Versicherungsschutz für etwaige Risiken von Unternehmen in Russland. 

Die Sanktionen der EU und die weitergehenden Sanktionen der USA zielen im Wesentlichen auf folgende Punkte:

  • Finanzinstitute: Der Ausschluss von russischen Banken aus dem internationalen Finanz-Kommunikationssystem Swift wurde beschlossen, um diese von den internationalen Finanzströmen abzuklemmen. Des Weiteren sind Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft getreten, zudem dürfen mit etlichen Geschäftsbanken keine Geschäfte mehr gemacht werden, und ihre Vermögen werden eingefroren. Auch gegen den Handel mit russischen Staatsanleihen wird entschieden vorgegangen. An sich berechtigte Schadenzahlungen können wegen dieser Sanktionen kaum mehr nach Russland transferiert  bzw. vor Ort reguliert werden.
    Die Kreditversicherer haben zudem damit begonnen, ihre Kreditlimits einzufrieren mit dem Ziel, ihre Risikotragung nicht mehr weiter zu erhöhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Deckungen schrittweise in den kommenden Tagen zurückgefahren werden oder in Einzelfällen mit Verweis auf Kriegs- und Sanktionsklauseln gekündigt werden.
  • Verkehrssektor: Die EU hat ein Ausfuhrverbot für Güter, Technologien und Dienstleistungen für die Luft- und Raumfahrtindustrie erlassen. Das betrifft viele Produkte, vor allem High-Tech-Waren wie Mikroelektronik. Auch Dual-Use-Güter stehen im Fokus. Das sind Produkte, die sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich Verwendung finden, zum Beispiel IT- oder Kommunikationstechnik. Hier müssen Unternehmen die Klassifikation ihrer Produkte und Bauteile auf den Sanktionslisten nun nochmals genauer prüfen und fallweise konservativer auslegen, um ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nachzukommen.
    Außerdem ist der EU-Luftraum für alle russischen Flugzeuge gesperrt. Russlands staatliche Airline Aeroflot und russische Privatflugzeuge dürfen auch in Großbritannien nicht landen. Russischen Schiffen droht Einlaufverbot in Häfen in der EU,  der Beschluss hierzu steht jedoch noch aus.
  • Technologiesektor: Bestimmte Güter und Technologien dürfen nicht mehr ohne Weiteres aus der EU und anderen westlichen Ländern nach Russland gebracht werden. Dazu zählen unter anderem Mikroprozessoren oder Ausrüstung, die für die Produktion von Mikrochips benötigt werden. Auch die USA verbieten den Export von Hightech-Produkten nach Russland.
  • Medien: Die russischen Staatsmedien RT und Sputnik sind in der EU verboten. Großbritannien hingegen will die Medien weiter tolerieren.
  • Politiker, Geschäftsleute, Oligarchen: In der EU vorhandene Vermögenswerte für Oligarchen werden eingefroren und insbesondere wohlhabenden Russen wird die Möglichkeit genommen, sich und ihren Familienangehörigen eine europäische Staatsbürgerschaft zu verschaffen. Sanktionen gegen Präsident Wladimir Putin, Außenminister Sergej Lawrow und Innenminister Wladimir Kolokolzew persönlich haben eher symbolischen Charakter.

Inwieweit der Versicherungsschutz von Unternehmen betroffen ist, hängt davon ab, welche Sanktionsklauseln in den Verträgen enthalten sind und  wie genau diese formuliert sind. Das ist deshalb wichtig, weil die US-Sanktionen derzeit schärfer als die EU-Sanktionen sind.

Einige Versicherer haben aufgrund der aktuellen Lage die Abbildung von Lokalpolizzen im Kontext internationaler Versicherungsprogramme in Russland vorerst zurückgestellt oder prüfen dies. Auch Rückversicherer prüfen Reaktionen, die sich auf den Versicherungsschutz der Unternehmen in Russland bzw. auf den Versicherungsschutz ihrer Russland-Geschäftsaktivitäten auswirken können.

 

Erstmaßnahmen für Unternehmen mit Geschäftsaktivitäten in der Ukraine oder in Russland

Ziel muss es sein, klare Zuständigkeiten innerhalb des Unternehmens zu schaffen. Je nach Aufbau des Unternehmens können zum Beispiel die Bereiche Exportkontrolle, Recht & Compliance, Einkauf, Vertrieb, Vertragsmanagement oder Treasury betroffen sein. Je schneller die Mitarbeiter in diesen Bereichen wissen, welche Aufgaben sie zu übernehmen haben, desto geringer ist das Risiko, dass es in nächster Zeit zu Fehlern, das heißt zu Sanktionsverstößen kommt.

Sollten Unternehmen sich bei einzelnen Vorschriften unsicher sein, ob sie von diesen betroffen ist, sollte qualifizierter Rat eingeholt werden. Die Wirtschaftskammer Österreich informiert hier über die aktuelle Lage.  Es ist wichtig, dass sämtliche Sanktionsregelungen eingehalten werden, da bei Verstößen Konsequenzen wie Bußgelder oder Freiheitsstrafen drohen.

Unternehmen sollten sämtliche Kontakte – ob im Einkauf, Vertrieb oder anderen Bereichen – unverzüglich sichten. Das geht am besten mit einer aktuellen und leistungsstarken Screening-Software. Unternehmen können dazu auch bei Verbänden, Industrie- und Handelskammer oder in öffentlich zugänglichen Quellen Erkundigungen einholen. Letztlich prüft auch der Versicherer regelmäßig, ob bestehende Deckungen aufgrund von Sanktionsklauseln zu kündigen sind. Funk informiert seine Kunden hier aktiv.

Sofern Unternehmen nach dem Erlass neuer EU- oder US-Sanktionen nicht mit Sicherheit ausschließen können, dass ihr Russland-Geschäft von den Sanktionen betroffen ist, sollten Ausfuhrvorgänge, Zahlungen und Vertragsunterzeichnungen vorläufig gestoppt werden. Wichtig: Schon seit 2014 sind umfangreiche Sanktionen bei Russland-Geschäften zu befolgen. So sind bisher auch schon Ausfuhren für bestimmte Güter (Güterliste gemäß Verordnung (EU) 2021/821) untersagt.

Oft sehen diese Verträge das Recht vor, sich sofort von vertraglichen Verbindungen zu lösen, wenn Unternehmen durch ein Geschäft gegen die neue Sanktionsverordnung verstoßen würden. Funk steht hier an der Seite der Kunden und prüft im Einzelfall.

Stresstest gibt Hilfestellung

Mit dem Funk Stresstest für politische Risiken erhalten Sie einen Überblick über Risikopotenziale und können sich entsprechend vorbereiten.

Mehr Informationen

Sind diese Sofort-Maßnahmen angeschoben, sollten sich Unternehmen um die Absicherung ihrer Lieferkette kümmern. Dazu sind folgende Schritte sinnvoll:

  • Prüfung der Lieferanten- und Abnehmerstruktur auf Unternehmens- bzw. Werksbasis in Russland und der Ukraine
  • Kommunikation mit den betroffenen Lieferanten und Abnehmern in den Gebieten/Ländern intensivieren
  • Erhöhung des Sicherheitsbestands von entsprechenden Liefergegenständen, um kurzfristige Lieferengpässe zu vermeiden
  • Identifizierung von potenziellen Alternativlieferanten, die von der Krise nicht betroffen sind. Zu diesen sollte im Idealfall bereits eine Geschäftsbeziehung aufgebaut werden.

Wenn Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich gern an uns. Funk steht als verlässlicher Partner an Ihrer Seite. Mehr Informationen zu politischen Risiken finden Sie außerdem im entsprechenden Risikofeld unserer Website.

Die Situation in der Ukraine ist sehr dynamisch, es gibt laufend neue Entwicklungen. Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, dient einzig der allgemeinen Information und stellt die Sichtweise von Funk zum Veröffentlichungszeitpunkt dar (siehe Datum).

28.02.2022

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