PFAS – das neue Asbest?

Die EU will den Einsatz der PFAS-Chemikalien einschränken, die derzeit in vielen Branchen zum Einsatz kommen. Die Auswirkungen sind enorm, einige Versicherer haben bereits ihre Bedingungen angepasst. Wir geben einen Überblick über aktuelle Entwicklungen.

Bratpfanne, Teppichboden, Regenjacke: PFAS-Chemikalien sind wasser-, fett- und schmutzabweisend und deshalb in zahlreichen Alltagsgegenständen zu finden. Die mehr als 10.000 Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (kurz: PFAS) sind extrem stabil und können in der Industrie vielseitig eingesetzt werden. Weil sie so langlebig sind, werden PFAS auch als „Ewigkeits-Chemikalien“ bezeichnet. Sie kommen ursprünglich in der Natur nicht vor und werden dort deshalb auch nicht gut abgebaut. Das wird zum Beispiel dann ein Problem, wenn die Chemikalien über Böden und Gewässer in die Nahrungskette eintreten. Einige Varianten können im Körper von Tieren und Menschen noch Jahre später nachgewiesen werden.

Verdacht auf Gesundheitsschäden

Das könnte schwerwiegende Folgen für die Bevölkerung haben: Die Stoffe werden verdächtigt, Krebs zu verursachen, das Immunsystem zu schwächen und für Unfruchtbarkeit zu sorgen. Deshalb werden PFAS auch als „das neue Asbest“ bezeichnet, ein Stoff, der ebenfalls sehr stabil und gesundheitsgefährdend ist. Im Gegensatz zu Asbest ist bei PFAS der direkte Kausalzusammenhang zwischen Kontamination und Erkrankung jedoch noch nicht nachgewiesen.

Einige PFAS-Gruppen sind in Deutschland bereits verboten bzw. eingeschränkt. Die EU will nun die Verwendung und das Inverkehrbringen von PFAS weitestgehend verbieten (siehe Ausklapper). Obwohl noch keine entspreche Gesetzeslage verabschiedet wurde, ist die Industrie bereits alarmiert. Denn für viele Verwendungszwecke von PFAS gibt es zumindest kurzfristig keine guten Alternativen. 



Typische Anwendungsbereiche von PFAS

PFAS sind in zahlreichen Produkten des täglichen Lebens enthalten, wie die Symbole in dieser Grafik zeigen. Ein großer Teil der aktuellen Verschmutzung von Böden stammt zum Beispiel von der Verwendung in Feuerlöschschaum. In der Industrie werden die Chemikalien außerdem in folgenden Bereichen verwendet (Auswahl):  Brennstoffzellen, Leitungselektronik, Dichtungen, Kabel, Ventile, Pumpen, Schläuche, Photovoltaikanlagen, Sicherheitsbekleidung, Heizung- und Klimageräte.

Das Umweltbundesamt hat zusammen mit Behörden aus Deutschland und weiteren EU-Ländern einen Vorschlag zur EU-weiten Beschränkung von PFAS bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht. Der Vorschlag wird aktuell geprüft, die Beschränkungen werden voraussichtlich frühestens 2025 in Kraft treten.

In Planung:

  • Ein grundsätzliches Verbot für die gesamte Stoffgruppe inklusive spezifische Ausnahmeregelungen.
  • Ein grundsätzliches Verbot für die Herstellung, das Inverkehrbringen (einschließlich des Importes) und der Verwendung von PFAS als solches, als Bestandteil anderer Stoffe, in Gemischen und in Erzeugnissen oberhalb einer bestimmten Konzentrationsgrenze.
  • Eine allgemeine 18-monatige Übergangsfrist nach Inkrafttreten. Für bestimmte Verwendungsarten und Stoffgruppen sind bereits jetzt längerfristige Ausnahmen geplant.
  • Einige Ausnahmen: PFAS sollen weiterhin in Bereichen erlaubt sein, in denen es auf absehbare Zeit keine geeigneten Alternativen geben wird bzw. die sozio-ökonomischen Vorteile die Nachteile für Mensch und Umwelt überwiegen. Mögliche Beispiele dafür sind die Herstellung von Halbleiter, persönliche Schutzausrüstung für Rettungs- und Sicherheitskräfte sowie Medizinprodukte. 

Der Versicherungsmarkt reagiert bereits

In den USA, wo der Einsatz von PFAS bereits in einigen Bundesstaaten eingeschränkt ist, gibt es schon seit mehr als zwei Jahrzehnten Rechtsstreitigkeiten zu verunreinigten Grundstücken, zu Wasserverschmutzung und in der Produkthaftung. In Europa sind nun auch Klagen zu beobachten. Und auch wenn das Vorhaben der EU noch nicht umgesetzt ist, reagiert die Versicherungsbranche bereits. Hier kommt es teilweise schon für 2024 zu Ausschlüssen, auch um nicht für mögliche Spätfolgen von Produkten mit PFAS haften zu müssen. „Wir beobachten zunehmend, dass Rückversicherer Ausschlüsse einführen. Lloyds (LMA) in UK und die Internationale Organisation für Normung (ISO) in USA haben bereits Ausschlüsse beantragt. Daher ergreifen auch schon einige  Erstversicherer entsprechende Maßnahmen“, sagt Michaela Kreß, Leiterin des Fachbereichs Haftpflicht bei Funk. „Ein einheitliches Bild zeichnet sich bisher jedoch noch nicht ab.“ Einzelne Versicherer fordern die Vereinbarung eines generellen PFAS-Ausschlusses, andere warten die Maßnahmen der EU ab.

Beim Abschluss oder im Rahmen der Vertragsverlängerung von Sach-, Haftpflicht- und D&O-Versicherungen prüfen insbesondere die Industrieversicherer die PFAS-Exponierung ihrer Kunden. Analysiert wird ebenfalls, welche Maßnahmen ergriffen werden, um diese Chemikalien zukünftig zu vermeiden und ob Schadenerfahrungen, Klagen oder regulatorische Anforderungen vorliegen.

Wer besonders betroffen ist

Aktuell sind folgende Branchen im besonderen Fokus der Versicherer

  • Chemie, insbesondere Hersteller von PFAS
  • Hersteller von Feuerlöschschäumen, die PFAS enthalten,  inkl. Zulieferer
  • Unternehmen mit PFAS-Schadenerfahrung, unabhängig von der Frage der Versicherung
  • Unternehmen, die regulatorischen Untersuchungen zum PFAS-Exposure unterliegen
  • Unternehmen, die in großen Mengen PFAS in der Produktion einsetzen, z. B. in Elektroteilen, bei Halbleitern oder Kabeln
  • Hersteller von Konsumprodukten mit PFAS als Produktbestandteil, z. B.  Textilien, Kosmetik- und Hygieneprodukte, Lebensmittelverpackungen

Neben den aufgezählten können auch andere Branchen betroffen sein, zum Beispiel Gesundheit + Soziales oder die Immobilienbranche. Funk empfiehlt Unternehmen, sich frühzeitig damit auseinanderzusetzen, Ersatzstoffe zu finden, die weniger problematische Eigenschaften haben.

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Unternehmen sollten PFAS-Risiken prüfen

Die Auswirkungen auf Unternehmen sind sehr individuell. Um die Risiken strategisch auswerten und minimieren zu können, empfiehlt Funk folgende Maßnahmen:

  • Analyse der Produktpalette und der Lieferketten auf PFAS-Risiken
  • Prüfung, ob es für das Unternehmen Ausnahmeregelungen gibt
  • Bewertung der Auswirkungen eines Verbotes auf die Geschäftstätigkeit, dabei auch
  • Folgenabschätzung wie z. B. Kosten von Lieferantenwechsel oder Ersatzstoffen
  • proaktive Prüfung, ob eine Nutzung von PFAS anderweitig kompensiert werden kann, Entwicklung von Substitutionsstrategien

Je nach Branche kann diese Risikoauswertung ganz unterschiedlich ausfallen. Das Team von Funk Consulting unterstützt gern, zum Beispiel bei der Risikoanalyse oder der Erstellung von Rückruf-Plänen.

„Es gilt als sicher, dass in absehbarer Zeit Gesetze verabschiedet werden, die die Verwendung von PFAS massiv einschränken“, sagt Jan Timmermann, Leiter des Industriebereichs Haftpflicht bei Funk. „Viele Unternehmen haben im Rahmen der öffentlichen Konsultation zur Beschränkung von PFAS mitgewirkt, um insbesondere die Ausnahmeregelungen für bestimmte Stoffgruppen oder Verwendungsmöglichkeiten zu bewirken. Nun bleibt abzuwarten, wie diese umgesetzt werden.“

Funk beobachtet die weiteren Entwicklungen und hält Sie als verlässlicher Risikopartner auf dem Laufenden.

30.11.2023

Ihr Kontakt

Mag. Johannes Wögerer

+43 1 58910-212